Wöllsteiner Arbeitskreis besichtigt zukunftsweisende Projekte in Morbach und Külz

Nach gut einer Stunde war die Energielandschaft vor den Toren Morbachs erreicht, von weitem schon durch große Windkraftanlagen zu erkennen.

Ein großer Parkplatz vor der Energielandschaft bestätigte den Eindruck, dass man auf viele Besucher eingerichtet war.
Wie wir von Herrn Schabbach, dem Ortsvorsteher von Rapperath, erfahren haben, war zeitgleich eine Führung einer Besuchergruppe aus Korea im Gelände. Besucher aus über 120 Nationen haben die Energielandschaft bereits besucht und bestaunt. Die Energielandschaft entstand seit 2001 auf dem ehemals größten Munitionsdepot der US-Luftwaffe in Europa. Nach dem Verbrauch vieler Bomben im 1. Golfkrieg wurde das Gelände 1995 freigegeben. Die Flächen wurden und werden an interessierte Unternehmen verpachtet. Die Initialnutzung wurde in Zusammenarbeit mit der damals noch sehr jungen Firma juwi und dem Umwelt-Campus Birkenfeld entwickelt: Windkraft und Photovoltaik wirken dort zusammen und sollen innovative Umweltprojekte anlocken. Besichtigen konnten wir auch die Biogas- und die Pelletieranlage. Während der Führung auf dem 23 Hektar großen Gelände bei gutem Wetter sahen wir nachgeführte Solaranlagen, die sich selbsttätig nach der Sonne ausrichten und Canada-Blockhäuser in ihrer Entstehung.

Gegenwärtig auf Eis liegt ein Projekt, bei dem eine industrielle Biogasproduktion aus Abfällen Energie und einen Grundstoff einer Terra Preta – Erde erzeugen sollte. Geprüft wird die Installation einer Power-to-Gas-Anlage, um überschüssige Wind- und Sonnenenergie mit dem vorhandenen CO2 aus der Biogasanlage in Erdgas umzusetzen. Wie weit juwi in seiner Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut gekommen ist, erfuhren wir heute noch nicht.

Hr. Schabbachs Führung endete in den zwei zu Museen umgestalteten Bunkern. Ein Bunker beschäftigte sich mit der Geschichte des kalten Kriegs, der andere mit der globalen Erwärmung und der Bedeutung des Umweltschutzes.

Nach einem Mittagessen im Wirtshaus Domäne in erfreulichem Ambiente am Simmersee ging es weiter zu dem nahegelegenen Ort Külz. Dort erwartete uns Aloys Schneider, seit 15 Jahren Bürgermeister und glühender Anhänger regionaler Wertschöpfung. Ein wenig Schlitzohrigkeit gehörte sicherlich dazu, um die Planung der 1. Windräder so geschickt umzusetzen: sämtliche Windräder entstanden auf gemeindlichen Flächen und verhinderten durch ihre Anordnung private Versuche zum Bau weiterer Windräder. Noch heute seien im Hunsrück 99% aller Windräder auf gemeindlichen Flächen installiert. Die Pachteinnahmen investierte die Gemeinde nicht nur in die Ortsverschönerung, sondern auch in den Ausbau regenerativer Energien: in Külz stehe die erste PV-Anlage des Hunsrücks. Für interessierte Bürger erstellte Hr. Schneider ein Excel-Sheet mit dem jeder Bürger seinen zukünftigen Gewinn durch Photovoltaik errechnen konnte. Inzwischen hat mehr als jedes 2. Haus in Külz eine PV-Anlage und produziert 75% der benötigten Strommenge selbst.

Külz verkauft das Pflegeholz an den Abfallbetrieb des Kreises und baut inzwischen auf rund 4 Hektar Pappeln in Kurzumtriebsplantagen an.

Das erste Nahwärmenetz wird mit einer Pelletheizung aus dem ehemaligen Stierstall hinter dem Rathaus versorgt. Die positiven Erfahrungen haben die zweite Runde des Nahwärmenetzes motiviert. Mit der Nachbargemeinde Neuerkirch wird ein Hackschnitzel-Kraftwerk errichtet, das Wärme für Warmwasser und Heizungen erzeugt. Im Sommer wird es abgeschaltet. Die Wärme erzeugt ein Solarthermiefeld. Auf freiwilliger Basis haben über 150 Haushalte ihre Teilnahme erklärt. Wir konnten Teile der Bauarbeiten besichtigen. Das Nahwärmenetz wird über fünf Kilometer lang. Die Verlegung wird genutzt, um Breitbandinternet mitzuverlegen.

Mit Stolz erfüllt den Bürgermeister der Erfolg der Projekte. Külz erzeugt mehr als dreißigmal so viel Strom wie es selbst benötigt. Die Gemeinde kann direkt durch Pachten jedes Jahr über 200.000 € investieren. Selbst dem Bundeswirtschaftsminister hätte er Külz schon vorgestellt.

Mit vielen Anregungen, motiviert und mit neuen Fragen geht der Arbeitskreis Energie weiter der Frage nach, wie wir Wöllstein für das postfossile Zeitalter fit machen können. Schon Jimmy Carter formulerte 1976:

“ Wir müssen uns darauf vorbereiten, unsere gegenwärtige Lebensweise zu ändern. Dieser Wandel wird entweder geplant von uns selbst durchgeführt werden, oder er wird uns von den unerbittlichen Naturgesetzen, begleitet von Chaos und Leid, aufgezwungen werden.“

Wer am AK Energie mitwirken möchte, wendet sich bitte an Terrance Angermann oder die Ortsgemeinde Wöllstein. Die Treffen sind öffentlich und Mitstreiter stets willkommen.

Bericht: T. Angermann, Bilder: T.  Angermann und L. Müller

{vsig}2015.05.28{/vsig}


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